Introduction

The MGH as a lifelong vocation

A letter from Oswald Holder-Egger to Harry Bresslau, 30.09.1911

In 1877, at the age of 29, Harry Bresslau was commissioned by Georg Waitz to prepare a new edition of the works of the eleventh-century poet and historiographer Wipo for the MGH, beginning thus his long and fruitful service for the Monumenta. He was elected a member of the central board of directors in 1888 together with Oswald Holder-Egger and assumed the responsibility of chief editor of the „Neues Archiv“, the precursor of the „Deutsches Archiv“ as the official journal of the MGH. During the 15 years in which he held this office, he expanded the bibliographical reports to the extent that they now form an important part of the journal. In 1889, Bresslau took over the edition of imperial charters and, with the assistance of his co-editors, made rapid progress in this undertaking. The MGH charter editions published under his charge are characterised by their consistent application of the basically still valid guidelines developed by Theodor Sickel. (Kehr, Nachruf, p. 257).

After the death of Ernst Dümmler in 1902, Harry Bresslau firmly expected to be nominated as chairman of the central board of directors to replace him. As, instead, Oswald Holder-Egger received the nomination, he abruptly stepped down from the position of chief editor of the „Neues Archiv“ and announced the end of his editorial activities for the MGH (Kehr, Nachruf, p. 259). Nevertheless, he did not fail to write his colleague Holder-Egger a warm letter of congratulation to his 60^th birthday, as is evidenced by a letter written by the latter on display below.

As it turned out, the ministry turned down Holder-Eggers’s nomination and, after lengthy negotiations, Reinhold Koser was instated as chairman of the board in 1906. On November 1, 1911, one month after writing the letter on display below, Oswald Holder-Egger himself died.

The new chairman, Reinhold Koser, was a long-term friend of Harry Bresslau and was able to persuade him to return to the Monumenta as Holder-Eggers successor at the head of the section Scriptores. As special condition to gain his consent, the MGH offered to move the Scriptores to Strasbourg where Bresslau lived. Bresslau immediately introduced a number of changes to the Scriptores editions, including the use of German instead of Latin in the introduction and notes. As he wrote in his „Selbstdarstellung“ „this was nothing other than what had long since been common practice in similar works published in other countries.“ (Selbstdarstellung, S. 68). Since then, many a student has been thankful to Harry Bresslau for this reform.

Transcription

Berlin, 30.09.1911

Lieber und verehrtester Herr Kollege,

In diesen Tagen werden Sie nach Straßburg heimkehren, nachdem Sie im EJ. die Hochzeit Ihres Sohnes gefeiert haben, und so muss ich Ihnen endlich meinen herzlichsten Dank aussprechen für die freundlichen Wünsche zu meinem 60. Geburtstage. Ihr Brief war so warm, so freundschaftlich, so herzlich, dass Sie mir mit ihm eine wahre Freude gemacht haben. Denken Sie es mir nicht übel, wenn ich Ihnen erst jetzt für ihn danke. Viele freundliche Zuschriften, die ich zum 15. August erhielt, konnte ich durch Postkarten beantworten, aber einen längeren Brief zu schreiben, dazu kam ich während der Reise nicht, das Wetter war stets zu herrlich und hinauslockend, und ab und zu musste ich doch auch etwas arbeiten, eine Korrektur lesen oder eine geschäftliche Korrespondenz erledigen, wenn ich auch noch auf keiner Reise so faul war wie auf dieser und viel Manuskript, das ich mir mitgenommen hatte, unberührt wieder zurückbrachte. Und nachdem ich am 18. August hierher zurückgekehrt war, waren Sie auf der Reise, und ich wusste nicht, wohin ich an Sie hätte schreiben können.

Mit großer Freude las ich, dass Sie in Ihrem Brief hervorheben, wir hätten in der langen Zeit, seit wir uns kennen und zusammen arbeiteten, nie eine Differenz in wichtigeren Fragen gehabt. Gewiss ich weiß mich solches ebenso wenig wie Sie zu erinnern, und kleine, unbedeutende Meinungsverschiedenheiten haben unserem freundschaftlichen Verhältnis zu einander nie den geringsten Abbruch getan. Doch bin ich mir bewusst, dass ich eine von der Ihrigen abweichende Meinung, so selten das vorkam, stets mit sehr großer Vorsicht und nur nach reiflicher Überlegung ausgesprochen habe, da mir Ihre überragende Bedeutung als wissenschaftlicher Forscher nie verborgen gewesen ist, wie sie keinem denkenden Menschen verborgen bleiben konnte.

Auch das mir hat große Freude und Genugtuung bereitet, was sie aussprechen, dass wir uns im Lauf der Jahre immer näher getreten sind, ich freue mich dessen und bin stolz darauf, kann wie Sie nur wünschen, dass das so bleibt, dass auch Sie mir fernerhin Ihre freundschaftliche Gesinnung bewahren. Was ich dazu tun kann, das wird geschehen, davon sind Sie überzeugt, wie ich hoffe.

Meine Reise mit meiner Schwester M. nach der Schweiz (8 Tage in Brunnen am Vierwaldstätter See, dann über vier Wochen in Hohfluh am Brünig Pass) ist in jeder Beziehung erfreulich verlaufen. Auf der Rückreise waren wir noch einige Tage im schönen Rheingau. Hoffentlich hält die gewonnene Erholung bis zum nächsten Sommer vor.

Mit herzlichem Dank

Ihr treu ergebener O. Holder-Egger