Einführung

Mittelalterliche Handschriften per Post

Schreiben des Auswärtigen Amtes, 19.9.1911, mit Rücksendevermerk von Reinhold Koser, 29.11.1911

Von 1904 bis 1923 war Ernst Perels fester Mitarbeiter in der MGH-Abteilung Epistolae, verantwortlich unter anderem für die Edition von Papstbriefen aus dem 9. Jahrhundert. Seine Promotion über "Die kirchlichen Zehnten im karolingischen Reich" bei dem Leiter der Epistolae, Michael Tangl, hatte ihn für diese Aufgabe prädestiniert. Für die Preußische Akademie der Wissenschaften arbeitete Perels in den Jahren an der Edition eines wichtigen kanonistischen Werks des 11. Jahrhunderts, des „Liber de vita Christiana“ des Bonizo von Sutri, das schließlich 1930 erschien. Neben seinen Editionen veröffentlichte Perels Untersuchungen, die mehr oder weniger eng in Bezug zu seinen Editionen standen.

Die MGH-Mitarbeiter kollationierten für die Editionsvorbereitung mittelalterliche Handschriften; einfach gesagt, die Textüberlieferungen wurden Wort für Wort verglichen, um eine möglichst originale Textversion für den Druck zu erarbeiten. Dafür reisten die Bearbeiter europaweit zu den wichtigsten Handschriften, ließen sich jedoch auch mittelalterliche Kodices nach Berlin schicken, bekamen Abschriften von Kollegen mitgebracht oder von Gelehrten vor Ort zugesendet. Die Verwendung von Fotografien begann sich zwar durchzusetzen, war aber noch mit hohen Kosten verbunden.

Die Ausleihe der kostbaren Bände aus dem Ausland musste über das Auswärtige Amt in Berlin und seine Botschaften vor Ort erfolgen. Der Vorsitzende der MGH musste hierfür eine Anfrage stellen. Wenn dann die Kisten mit den Handschriften in Berlin angekommen waren, wurden sie vom Auswärtigen Amt an die Königliche Bibliothek in Berlin geliefert, in deren Räumen die Benutzung zu erfolgen hatte. Im MGH-Archiv ist der Schriftverkehr bezüglich der Ausleihe einiger Handschriften enthalten, die Ernst Perels in den Jahren 1911 bis 1913 für seine Editionsarbeit am Band 6 der Epistolae mit Briefen aus der Karolingerzeit benötigte.

Transkription

Auswärtiges Amt
Berlin, den 19. September 1911

Nr. III^d 8062./66034.
Im Anschluß an das Schreiben vom 16. August d[es] J[ahres] – IIId 7160.-/58027.

Die für den Privatdozenten Dr. Perels hierselbst weiter gewünschte Handschrift Cod[ex] Bibl[iothèque] d’Alençon 10, saec[ulum] XII der Stadtbibliothek in Alençon wird anbei übersandt.

Sie ist unter den bekannten Bedingungen auf die Dauer von drei Monaten dargeliehen. Nach Mitteilung der Französischen Regierung hat sie nicht früher übersandt werden können, da sie zur Instandsetzung erst in die Nationalbibliothek in Paris hat gegeben werden müssen.

In Vertretung des Staatssekretärs

Buntzen

[neben dem Text zwei Vermerke:]

1 Kiste

979 mthg [Mitteilung(?)], … zur weiteren Veranlassung überlassen … Ch 30/II Berlin 29. Nov[ember] 1911.

[Rücksendevermerk von Reinhold Koser, den Vorsitzenden der Zentraldirektion:]

Berlin, 29. Nov[ember] 1911

An den Herrn Staatssekretär des Auswärtigen Amts

E[uer] E[xzellenz] schicke ich die mit dem hohen Erlaß vom 19. Sept[ember] d[es] J[ahres] (III ^d 8062/66034) mir zugestellte Handschrift hierneben gehorsamst zurück.

K[oser] 29/11

An den Herrn Vorsitzenden der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae historica.