Einführung

Italienische Beziehungen

Briefkopf des Historikertags Rom 1903, Postkarten an Henry Simonsfeld von Attilio Raffanelli, 22.03.1903, und Luigi Schiaparelli, 01.03.1908

Henry Simonsfeld baute in Italien viele wissenschaftliche und persönliche Verbindungen auf, von denen einige zu Freundschaften wurden. Seine Dissertation wurde unmittelbar nach dem Erscheinen ins Italienische übersetzt, vier wissenschaftliche Gesellschaften wählten ihn zum korrespondierenden Mitglied, der italienische König verlieh ihm das Ritterkreuz des St. Mauritius- und Lazarusordens. Simonsfelds Kenntnis der italienischen Wissenschaftslandschaft und seine Kontakte waren für die MGH sehr nützlich, sie kamen ihm auch bei seiner Arbeit an den Jahrbüchern Friedrichs I. zugute.

Die im Archiv der MGH aufbewahrten Postkarten aus Italien illustrieren die zeitübliche wissenschaftliche Kommunikation. Für die Biographie Simonsfelds besitzen sie Seltenheitswert, da die Schwabinger Wohnung, wo seine Witwe Lina weiter lebte, 1945 in einem Luftangriff zerstört wurde, bei dem auch der Briefeinlauf unterging. Eine persönlicher gehaltene Karte stammt von dem bekannten Paläographen Luigi Schiaparelli, der 1894/95 in München studiert hatte. Er war damals glücklich darüber gewesen, dass er sich bei einer Einladung durch Henry Simonsfeld mit dessen Mutter Sophie, die von ihrem langen Aufenthalt in Venedig schwärmte, auf Italienisch unterhalten konnte.

Simonsfeld setzte sich auch institutionell für Kontakte zwischen Italien und Deutschland ein. Als 1897 mehrere hundert italienische Studenten mit einem Sonderzug nach München anreisten, gehörte er als einziger Privatdozent zu dem professoralen Komitee der Ludwig-Maximilians-Universität, das sie festlich empfing. Ein Briefbogen, den er später für stenographische Notizen verwendete, geht auf seine Beteiligung am 1903 in Rom abgehaltenen Internationalen Historikertag zurück, wo er die Leitung einer Sektion übernahm.

Ob der Kontrast zwischen der Wertschätzung, die Simonsfeld in Italien erfuhr, und den Behinderungen, denen er in Deutschland ausgesetzt war, mit der unterschiedlichen Ausprägung antisemitischer Strömungen in beiden Ländern zu tun hat, ist eine Frage, der weiter nachzugehen wäre.

Transkription

Ill[ustrissi]mo Signore

I Codici a cui allude la Sua Cartolina del dì 19 corrente esistono in questo Archivio Capitolare, ambedue (se non ho errato) nel medesimo volume. Ella potrà consultarli, nel giorno in cui Le sarà più comodo (eccettuate le Feste) nelle Ore Antimeridiane.

Pistoia – adi 22 Marzo 1903
Con ossequio
C(anonic)o A. Raffanelli

Erlauchtester Herr

Die in Ihrer Postkarte vom 19. dieses Monats genannten Codices sind in diesem Kapitelsarchiv vorhanden, beide (wenn ich mich nicht getäuscht habe) im selben Band. Sie können sie in den Vormittagsstunden benutzen, an dem Tag, der Ihnen am genehmsten ist (außer an Feiertagen).

Pistoia, am 22. März 1903
Hochachtungsvoll
Canonicus A. Raffanelli

Fir[enze] 1 III 1908

Carissimo Prof.,
mi disse ieri il prof. Del Vecchio di aver incaricato il prof. Cipolla della rec[ensione] della di Lei opera. Non ricordo con precisione se abbia fatto accurate ricerche nell’archivio delle monache di S. Fr[ancesco] in Todi. Credo di no. Ella si rivolga al Dr. Brigante, ora impiegato presso la Biblioteca di Perugia; forse l’accompagnerà in persona a Todi. Egli ha la famiglia a Diruta, sulla strada Perugia-Todi.
Non crederei che Ella possa rinvenire notevoli nuovi a Nonantola: quell‘arch[ivio] è piccolo, abbastanza ordinato, fu visitato da tanti eruditi tedeschi.
Nelle vacanze Pasquali andrò a Lucca per lo studio di quelle carte Longobarde; voglio però sperare che Ella non verrà a Firenze proprio in quei giorni (12-26 aprile), mi spiacerebbe troppo. L’attendo con vivo desiderio; abbia la bontà di farmi noto il giorno del suo arrivo.
I miei gemellini bene; vedrà quali personaggi!! Ossequi alla Signora.
L‘aff[ezionatissi]mo discepolo
L[uigi] Sch[iaparelli]

Florenz, 1. März 1908

Lieber Herr Professor,
gestern sagte mir Professor Del Vecchio, dass er Professor Cipolla mit der Rezension Ihres Werks beauftragt habe. Ich erinnere mich nicht genau, ob Sie im Archiv der Nonnen von S. Francesco in Todi schon sorgfältig recherchiert haben. Ich glaube nicht. Wenden Sie sich an Dr. Brigante, der jetzt bei der Bibliothek in Perugia beschäftigt ist; vielleicht wird er Sie persönlich nach Todi begleiten. Seine Familie lebt in Deruta, an der Straße Perugia-Todi.
Ich würde nicht glauben, dass Sie noch bemerkenswertes Neues in Nonantola finden können: das Archiv dort ist klein, ziemlich geordnet, es wurde schon von vielen deutschen Gelehrten besucht.
In den Osterferien werde ich nach Lucca gehen, um die dortigen langobardischen Urkunden zu untersuchen; ich möchte aber hoffen, dass Sie nicht gerade in diesen Tagen (12. bis 26. April) nach Florenz kommen, das würde mir sehr leidtun. Ich erwarte Sie mit lebhafter Sehnsucht; haben Sie die Güte, mir den Tag Ihrer Ankunft mitzuteilen.
Meinen kleinen Zwillingen geht es gut; Sie werden sehen: welche Prachtkerle!! Meine Empfehlung an die Frau Gemahlin.
Ihr getreuester Schüler
L[uigi] Sch[iaparelli]